Ein ganzes Leben
Hans Steinbichler adaptiert Robert Seethalers Roman “Ein ganzes Leben” als ganz großes Kino: Eine Liebeserklärung an das Leben in den Bergen mit allen Höhen und Tiefen.
Die Geschichte des Andreas Egger, der, bis auf einen Einsatz im Zweiten Weltkrieg und die Kriegsgefangenschaft bei den Russen, sein ganzes Leben rund um das Tal verbringt. Wie er als Kind auf dem Berghof seines Onkels aufwächst, dort geschlagen und ausgebeutet wird. Wie er sich trotz alledem ein eigenes, selbstgenügsames Leben aufbaut. Wie er seine große Liebe Marie findet. Wie er sie wieder verliert, aber Zeit seines Lebens nie vergessen wird. Hier in den Bergen wird er auch irgendwann seine letzte Ruhe finden.
Der Film überzeugt mit großartig eingefangener Bergkulisse, mit einer Vielzahl an überzeugenden Darstellern und einem wunderbar feinen Gespür für Atmosphäre. Was leicht hätte pathetisch geraten können, mit unguten Anklängen an die kitschige Version des Heimatfilms, wird hier zum berührenden Epos über ein Leben, das sich als reich an Entbehrungen, aber auch reich an intensiven Erlebnissen erweist. Der Film schafft ein realistisches Bild des frühen 20. Jahrhunderts und zeichnet neben dem Leben der Hauptfigur auch die Industrialisierung einer abgeschiedenen Bergregion nach. Mit der Seilbahn, den Straßen und dem motorisierten Verkehr kommt auch der Strom ins Tal. Und die asphaltierten Touristenhochburgen mit Skizirkus und Gletschertouren. So rückt nicht nur das Leben der Hauptfigur Andreas Egger in den Mittelpunkt, sondern auch die Domestizierung der Alpen mit der Wandlung des Tals vom Bauerndorf zur Tourismusattraktion. Dabei verschweigt der Film auch nicht die Opfer des Fortschritts und zeigt das Leid, auf dem manches Fundament erbaut wurde. Regie und Kamera lassen viel Raum zum Atmen der Bergluft, die beim Anschauen spürbar durch das Kino zu gleiten scheint. Die epochale Romanverfilmung ist nicht nur ein Loblied auf die Natur, sondern vermittelt mit dem Schicksal seines Helden auch genau das, was der Titel besagt: Ein ganzes Leben.
Mi., 4. September 2024, 20.30 Uhr, Scala-Kino Benefizgasse 5, 74172 Neckarsulm
Eintritt: 6,50 Euro
Kartenreservierung Tel. 07132 2410 oder online unter www.kinostar.com